Traumprojekt „Traumfabrik“

Traumprojekt „Traumfabrik“
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Produzent Tom Zickler und Regisseur Martin Schreier betrachten ihr neues Werk „Traumfabrik“ als echtes Traumprojekt. Im Interview sprechen sie über die aufwändige Filmproduktion – und über die Zusammenarbeit mit ARRI.

 

Am 4. Juli 2019 startete mit „Traumfabrik“ der neue Film von Produzent Tom Zickler („Honig im Kopf“) und Regisseur Martin Schreier („Unsere Zeit ist jetzt“) in den Kinos. Das Drama spielt in den 1960-er Jahren. Es handelt von einem Komparsen und einer Tänzerin, die sich in den Filmstudios Babelsberg kennen und lieben lernen, jedoch durch den Bau der Berliner Mauer getrennt werden.

 

Tom, „Traumfabrik“ wurde in den Filmstudios Babelsberg gedreht, in denen Du seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitest. Wie bist Du überhaupt zum Film gekommen?

 

Tom Zickler: Ich kam im Mai 1986 im Alter von 21 Jahren nach Babelsberg. Das war total meine Welt, zumal ich zuvor in der Armee war. Seit ich zehn, elf Jahre alt war, wollte ich Kameramann werden. Ich hatte die Eignungsprüfung an der Filmhochschule in Babelsberg bestanden und einen Platz für ein Volontariat im Studio ergattert. Bei der Armee saß ich dann vor einem Monitor mit grünen und roten Punkten – den Flugzeugen der NATO und des Warschauer Pakts –, konnte sie aber nicht unterscheiden. Für mich sah das alles gleich aus. Nachdem ich zugab, farbenblind zu sein, war mein Studienplatz für Kamera weg. Dann stand ich vor Herrn Golde, einem Verantwortlichen des Filmstudios, und meinte: „Ich will aber unbedingt zum Film.“ Er sagte: „Na ja Herr Zickler, wenn Sie hier eine Wohnung haben, könnte ich Ihnen einen Job als Aufnahmeleiter-Gehilfe geben.“ Da antwortete ich: „Ja, kein Problem. Meine Tante Inge wohnt hier in der Steinstraße.“ Ich hatte natürlich keine Tante Inge, und die Steinstraße war die einzige Straße, die ich mir im Bus gemerkt hatte. Die ersten vier Wochen schlief ich in Potsdam-West auf dem Bahnhof, bis ich feststellte, dass im Studio im Requisitenfundus und in den Ateliers viele Betten herumstehen. Dann schlief ich immer dort.

 

Und es kam eins zum anderen …

 

Genau. Ich entdeckte diesen Raum, dieses Atelier, das jetzt, mehr als 30 Jahre später, mein Büro ist. Bei „Traumfabrik“ gibt es diese Sequenz, als der Protagonist das erste Mal ins Studio kommt. So war das damals eben. Parallel fanden 15 Produktionen statt. In der Kantine des Komparsen-Gebäudes tranken KZ-Häftlinge mit römischen Soldaten und Bauarbeitern Kaffee und wurden nach und nach zum Drehen ins Atelier geholt. Für mich war das faszinierend.

 

Du warst zunächst überwiegend für Märchenfilme tätig?

 

Ja, das war immer ein extremer Kostüm- und Maskenaufwand. Vor dem Nähen der Kleider wurden die Stoffe mit der Kamera getestet. Bis zu 250 Leute waren in sogenannten Filmstäben tätig. Das hat mir für meinen späteren Beruf sehr geholfen, denn das nahm mir die Angst vor großen Teams. Nach zwei Jahren dort begann ich in Babelsberg mit dem Studium der Filmproduktion. Im Nachhinein ist das auch mehr mein Ding als Kameramann.

 

Und wie war das bei Dir, Martin?

 

Martin Schreier: Im Alter von fünf Jahren sah ich „Das Imperium schlägt zurück“ und wusste, ich muss auch so etwas machen wie das, was ich da auf dem Fernseher sah. Natürlich wollte ich als kleiner Junge erst einmal Schauspieler werden. Im zarten Alter von zehn Jahren merkte ich, dass es hinter der Kamera doch viel mehr Möglichkeiten gibt, sich auszudrücken. Ich hatte das Glück, dass mein Vater früher immer gut mit Kameratechnik ausgestattet war und fing an, eigene Filme zu drehen, zum Beispiel Stopp-Trick-Filme mit Spielzeugfiguren – und mache das seitdem mein Leben lang. Ein Jahr studierte ich VFX und Visual Effects. Aber das war nicht das Richtige für mich. Ich bin ein Geschichtenerzähler, der Menschen bewegen und berühren möchte. Deshalb studierte ich in Ludwigsburg an der Filmakademie. Mein Diplom-Film entstand für ProSieben, damals noch mit Teamworx: „Robin Hood“ mit Ken Duken in der Hauptrolle. Dadurch wurde der Producer Sebastian Fruner auf mich aufmerksam, und auch Til Schweiger kannte den Film. Beide holten mich für den Cro-Film „Unsere Zeit ist jetzt“ mit ins Boot. Dadurch wiederum lernte ich Tom Zickler kennen – Liebe auf den ersten Blick. Weil es eine tolle Zusammenarbeit war, beschlossen Tom Zickler, Sebastian Fruner und ich, auch das nächste Ding zusammen zu machen. Bei „Traumfabrik“ hatten wir jetzt zwei Jahre eine Traumzeit. Von der Entwicklung über den Dreh bis zur Postproduktion machte es unglaublich viel Spaß, weil alle das Gleiche wollten.

 

Tom, wie lerntest Du Til Schweiger kennen?

 

Tom Zickler: Das war 1995, als ich noch Student war. Er hatte wohl gehört, dass es so einen Verrückten in Babelsberg gibt, der schon einige Filme gemacht hat. Til wollte eine eigene Firma gründen und einen Film produzieren. Als wir uns trafen, waren wir im gleichen Alter. Es hat einfach gepasst. Und das Drehbuch, das er mit Thomas Jahn entwickelte, war toll. „Knockin’ on Heaven’s Door“ war unser erster Film – und von da an haben wir 20 Jahre zusammen Filme produziert.

 

Zurück zu „Traumfabrik“. ARRI ist als Ko-Produzent mit dabei. Wie kam es dazu?

 

Tom Zickler: Für uns war es schon sehr riskant. Während der achtmonatigen, intensiven Vorbereitung waren Produktionsleiter, Ausstattung und Kostüm schon dabei und mussten natürlich bezahlt werden. Es war eine der knappsten Finanzierungen in meinem beruflichen Leben. Im Prinzip schlossen wir sie erst eine Woche vor Drehbeginn ab. Und zu diesem Zeitpunkt mussten wir bereits Kosten im siebenstelligen Euro-Bereich bezahlen. Gerade bei einem historischen Film ist es wahnsinnig wichtig, sehr genau zu kalkulieren, weil es einfach sehr viel Geld kostet. „Traumfabrik“ ist die erste Eigenproduktion der neu gegründeten Traumfabrik Babelsberg. Gesellschafter sind Studio Babelsberg und ich. Da wir den Film finanziell nicht alleine stemmen konnten, war von Anfang an die Idee, Partner zu finden. Ich bin sehr froh, dass Pantaleon, HerbX, die Firma von Bully Herbig, und natürlich Studio Babelsberg mit dabei sind und das Funkhaus Berlin Nalepastraße als Ko-Finanzier mit einstieg. Und uns war ganz wichtig, ARRI als Ko-Produzent und Technikpartner dabei zu haben. Es war klar, dass wir in diesem Konzept des Studiodrehs viel größeren Lichtaufwand benötigen als bei normalen Kinofilmen. Das heißt also, erst mal eine Woche die Lampen aufhängen und eine Woche einleuchten, damit wir dann bei diesen langen Drehtagen mit Hunderten von Komparsen zügig vorankommen. Da wir so viele Lampen und so viel Technik brauchten, verständigte ich mich mit Josef Reidinger (Anm.: Geschäftsführer von ARRI Media) um den Einstieg als Ko-Produzenten. Das war ein Glücksfall für das ganze Projekt. Das Volumen an Licht- und auch Kameratechnik war schon immens.

 

Martin, als Regisseur weißt Du sehr genau, wie Bilder eingefangen werden müssen. Überlässt Du dem Kameramann eine gewisse Gestaltungsfreiheit?

 

Martin Schreier: Ich versuche allen, die mitarbeiten, nicht nur dem Kameramann, so viel Freiraum wie möglich zu geben. Aber auf der anderen Seite weiß ich schon sehr genau, was ich möchte. Martin Schlecht und ich schlossen uns zwei Monate ein und planten gemeinsam wirklich jedes Bild. 70 Prozent vom Film sind komplett vom Storyboard. Dennoch schaffte Martin es am Set, das Geplante noch zu übertrumpfen. Das ist ja das Schöne an der Zusammenarbeit mit Kreativen: Sie können die eigene Vision noch auf ein höheres Level bringen.

 

Wie kam es denn zur Wahl der Kamera?

 

Martin Schreier: Das war eine gemeinsame Entscheidung. Uns war klar, dass wir definitiv nur mit ARRI drehen wollen. Mit der ALEXA. Wir hatten gehofft, „Traumfabrik“ komplett auf der ALEXA 65 drehen zu können. Das stand lange im Raum. Aber natürlich ist die Datenrate sehr hoch, und es stand fest, dass wir mit verschiedenen Kameras drehen würden. Gerade die großen Tanzszenen: Da müssen wir einfach laufen lassen. Da wäre das Datenvolumen so groß gewesen, dass es schon an die Grenzen des Machbaren für so eine Produktion gestoßen wäre. Deswegen entschieden wir uns für die ALEXA XT und für die Anamorphoten. Wir testeten viel und sind im Nachhinein super glücklich damit. 80 Prozent von „Traumfabrik“ drehten wir in 2,8 K anamorph. Ein paar Tage war die ALEXA 65 dabei.

 

Was fasziniert Dich an der ALEXA 65?

 

Martin Schreier: Die ALEXA 65 ist etwas was ganz Besonderes. Mir geht es nicht um die K-Zahl. Für mich ist der Sensor, der Chip, das Entscheidende. Und dieses plastische Bild, das man bei der vollen Ausnutzung der ALEXA 65 erhält. Es hat einfach eine ganz andere filmische Qualität, als wenn man auf 35 mm dreht. Das ist sehr beeindruckend. Ich hoffe, den nächsten Film komplett mit ALEXA 65 drehen zu können.

 

Gibt es „Traumfabrik“ auch in Dolby Atmos?

 

Tom Zickler: Auf jeden Fall. Das wollten wir von Anfang an. Dolby Atmos eignet sich perfekt für „Traumfabrik“.

 

Martin, inwieweit war die Zusammenarbeit mit ARRI als Ko-Produzent für Dich spürbar?

 

Martin Schreier: Tatsächlich gar nicht, was eine gute Sache ist. Ich habe natürlich mitbekommen, wenn es Notes seitens ARRI zum Drehbuch gab. Josef Reidinger banden wir zum Beispiel beim Casting ein und luden von ARRI vorgeschlagene Leute ein. Letztlich war es wie bei einem guten Schnitt: Den siehst du eigentlich nicht – nur einen schlechten Schnitt. Insofern war es eine tolle Zusammenarbeit. Es wurde nie Druck ausgeübt, sondern war ein schönes Miteinander und auch menschlich sehr angenehm. Mit ARRI machte ich bisher, auch bei meinem letzten Film, wirklich nur tolle Erfahrungen. Ich fühle mich in der ARRI Familie sehr wohl und gut aufgehoben.

 

Inwieweit unterstützte Euch ARRI in anderen Bereichen?

 

Martin Schreier: Die gesamte Zusammenarbeit mit ARRI, sei es im Bereich Rental oder bei der Bild- und Tonpostproduktion, war wie schon bei unserem vorigen Film einfach hervorragend. Auf das Team kann man sich in jedem Bereich des Filmemachens verlassen. Ich glaube, das liegt unter anderem an der Leidenschaft zum Film, die ich bei jedem Einzelnen während der Zusammenarbeit spüren durfte. Es gibt kein Problem, was ARRI nicht lösen kann, und dabei wurden meine Erwartungen fachlich wie auch menschlich stets übertroffen. ARRI ist ein wundervolles Zuhause für meine Filme, und ich komme dorthin immer wieder gerne mit viel Freude zurück.

 

Martin, Du bist 1980 geboren und somit noch relativ jung für einen Regisseur, der solche aufwändigen Filme dreht. Welchen Tipp kannst Du dem filmischen Nachwuchs geben?

 

Martin Schreier: Entweder man versucht, über Festival-Filme Aufmerksamkeit zu generieren. Das war aber nie mein Weg, weil ich Filme für eine breite Masse machen will. Ich gucke halt gern auch Hollywood-Filme. Das entspricht meinem persönlichen Geschmack. Und ich habe immer das gemacht, wovon ich wirklich überzeugt war und nichts, um anderen zu gefallen. Das merkt man wahrscheinlich. „Traumfabrik“ ist für mich ein Traumprojekt. Es ist ein Film, den ich unbedingt machen wollte, den ich von der Thematik her schon mein Leben lang mit mir herumtrage. Nun haben wir ihn zusammen entwickelt und in diesem Umfang fertigstellen können. Das hat nur funktioniert, weil ich mir immer selber treu geblieben bin. Statt nur an Aufmerksamkeit zu denken, sollten Studierende an Filmhochschulen das machen, was sie selbst toll finden. Dann überträgt sich die Begeisterung auf die Leinwand. Dann berührt es die Menschen. Deswegen sind alle meine Filme persönliche Filme. Das bin halt ich, was du da siehst auf der Leinwand. Das ist das Entscheidende.

 

Tom, wie bleibt Dir der „Traumfabrik“-Dreh in Erinnerung?

 

Tom Zickler: Das war wirklich mein schönster Dreh. Als ich damals vor 30 Jahren in Babelsberg anfing, war es eben so, dass es Dutzende Leute für Kostüm und Maske gab. Bei „Traumfabrik“ war es eine ähnliche Größenordnung. Wir hatten einen ganzen Gebäudekomplex mit den Garderoben für die Komparsen und den Werkstätten, in den die Kleider hergestellt wurden. Es war toll zu sehen, wie das über all die Monate der Vorbereitung entstand. Wie sich dieses Gebäude immer mehr füllte. Irgendwann platzte es aus allen Nähten. 1400 Kostüme, an denen überall ein Name hing. Jeden Tag schwirrten Hunderte Leute umher. Das Gute an unserem Studio ist, dass es zum Kostüm-Gebäude nur zehn, zum Produktionsbüro nur 60 und zum Catering-Zelt nur 120 Meter sind. Die Wege waren kurz. Alles klappte wie am Schnürchen. Am 37. Drehtag hatten wir die erste unplanmäßige Überstunde und jeder Produktionsleiter, der das liest, weiß, was das bedeutet. Ein Studiodreh ermöglicht die komplette Kontrolle über die Bilder. Wir testeten wirklich lange, probierten alles aus und setzten dann konsequent um. Jetzt weiß ich auch, warum die Amerikaner immer gern ins Studio gehen. Weil man einfach Herr über die Bilder ist.

 

Mehr zu „Traumfabrik“ auf der Website von Tobis Film:

https://tobis.de/film/traumfabrik/